Uli Hegge, credit Raimar von Wienskowski

“Ohne Sport geht es mir schlecht”: Im Interview mit Uli Hegge

Seit seiner Kindheit geht “Internet-Urgestein” Uli Hegge segeln, später hat er seine Begeisterung für Laufen und Radfahren entdeckt. Ein Leben ohne Sport kann er sich einfach nicht vorstellen, mangelnde Bewegung drückt ihm auf die Laune und es fehlt im der Ausgleich zur Arbeit. Im Interview hat Uli mit mir über Sport und Freizeit gesprochen inklusive Tipps zu Rotwein, den er am liebsten trinkt, und zu seinen Hamburger Lieblingsrestaurants. Und was er in seinem neuen Job macht, hat er mir auch noch verraten.

Moin Uli, du warst lange Jahre in leitenden Positionen in der Adtech-Industrie und auf Verlagsseite tätig. So richtig beruflich fassen, kann ich dich trotzdem nicht – vor allem seit du nicht mehr bei AppNexus arbeitest (jetzt Xandr). Außer deine Zeit in deinem Ferienhaus an der Ostsee genießen, was hast du in den vergangenen beiden Jahren seit deinem Weggang bei AppNexus konkret gemacht? 

Uli Hegge: Du hast vergessen, dass ich auch noch Bankvorstand, also Advertiser, war. Aber Spaß beiseite: Hauptsächlich habe ich mich in den letzten Jahren auf meine Aufsichts- und Beiratsmandate konzentriert, da war einiges los. In Deutschland waren das zwei größere Unternehmen und ein fortgeschrittenes Startup, in den USA zwei Startups. Außerdem habe ich mich um einige M&A-Projekte gekümmert, allerdings hat nur eines in den USA am Ende geklappt. Zwei sind im Frühjahr 2020 wegen der Unsicherheit zu Beginn der Coronakrise gestoppt worden, bei der Wiederaufnahme konnte ich nicht wieder mit einsteigen wegen meines mittlerweile angenommenen Vollzeitjobs.

Vor kurzem hast du beim Daten-Spezialisten InfoSum als SVP Central Europe angeheuert. Warum gerade dieses Unternehmen? Was reizt dich an der Aufgabe?

Hegge: Sorry, das wird etwas länger: Bei den Themen Datenschutz und Datensicherheit war ich immer schon Überzeugungstäter und da ist im Ad- und Martech aus meiner Sicht über die Jahre vieles falsch gelaufen.

Auf der einen Seite bin ich der Überzeugung, dass die Vorteile des Mediums Internet wie zum Beispiel die Möglichkeit der dynamischen Reaktion auf Nutzer-Interaktionen genutzt werden sollte, um passende Angebote zu unterbreiten und damit auch genug Geld für gute redaktionelle Arbeit zu verdienen. Auf der anderen Seite ist aber zu sehen, dass Daten gesammelt und eingesetzt werden, für die es keine oder zumindest keine umfassende Legitimation durch die Nutzer gibt. Hinzu kommen auch Qualitätsprobleme durch den Einsatz solcher Daten, die negative Auswirkungen auf die Relevanz der Werbung aus Nutzersicht und dementsprechend auch auf die Werbewirkung haben.

Dieses Verhältnis muss grundlegend neu sortiert werden. Bessere Daten, die vollständig durch denjenigen kontrolliert werden, der sie mit Wissen und Erlaubnis der Nutzer einsetzt, sind die Basis. InfoSum hat, vereinfacht ausgedrückt, Technologien entwickelt, die datenschutzkonform eine sehr flexible Zusammenarbeit ermöglichen – mit verteilten Datenbanken, deren Daten nicht zwischen den Partnern bewegt werden müssen. Wenn das ausreichend groß wird, gibt es eine echte Alternative zu den Daten der Walled Gardens: hohe Qualität bei ausreichender Reichweite, datenschutzkonform, einfach einsetzbar und unter voller Kontrolle der jeweiligen Partner. Und das fand und finde ich spannend genug, um wieder voll einzusteigen.

Und vielen Dank für die Gelegenheit zur Werbeeinblendung 🙂

Lange Arbeitstage und viele Reisen sind für dich in deiner Karriere keine Seltenheit: Wie schaffst du einen Ausgleich zur Arbeit? Welche Rolle spielt Sport in deinem Leben? 

Hegge: Ohne Sport geht es mir schlecht, so einfach. Als Kind war ich mit Leichtathletik und Segeln ständig in Bewegung und auch viel mit dem Rad unterwegs. Bis heute gilt bei mir: Nach ein paar Tagen mit wenig Sport geht es bergab, mit meiner Laune und meinem allgemeinen Körpergefühl. Am schlimmsten sind die „5 Uhr los, um 22 Uhr wieder zu Hause“-Tage und am besten davon zwei, drei in einer Woche. Da geht einfach gar nichts. Wenn ich ein paar Tage an einem Ort bin, wie in den letzten Jahren beispielsweise in New York City, geht das eigentlich ganz gut mit dem Sport – insbesondere mit dem Laufen.

Kannst du etwas näher auf deine Laufaktivitäten eingehen? Welchen Sportarten gehst du sonst noch nach? 

Hegge: Laufen war lange, parallel zum Segeln, mein Hauptsport. Während ich mein Erstes Staatsexamen geschrieben habe, bin ich morgens um 6 Uhr und noch einmal abends um 20 Uhr laufen gegangen. Das ist aber natürlich schon ewig her. Mit dem Laufen habe ich nie ganz aufgehört, aber es über die Jahre unterschiedlich intensiv betrieben. Anfang der 2010er-Jahre habe ich eine Trainingspace um die 4:30 Minuten pro Kilometer geschafft (auf ca. 10 km), heute liegt das eher zwischen 5:00 bis 5:30 Minuten pro Kilometer. Aber das ist mittlerweile ok für mich.

Ende 2014 habe ich dann wieder mit dem Radfahren angefangen und das ist aktuell klar mein Schwerpunkt. Nachdem ich mir im August 2018 beim Lauftraining einen Muskelfaserriss eingefangen hatte, war es wirklich mühsam, überhaupt wieder in Tritt zu kommen. Und dann im Frühjahr 2019, wohl durch zu ehrgeiziges Training, das Epstein-Barr-Virus. Dessen Auswirkungen spüre ich noch immer, auch wenn ich langsam wieder bessere Leistungswerte sehe.

Ach ja: Stand-Up-Paddling ist unser Familiensport, da haben wir alle Spaß!

On Tour: Als man noch mit Wirecard-Trikots aufs Bike steigen konnte
On Tour: Als man noch mit Wirecard-Trikots aufs Bike steigen konnte

Stichwort Segeln: Wie bist du an die Sportart gekommen? Was macht den Segler Uli Hegge aus?

Hegge: Zum Segeln bin ich über die Familie gekommen, das wurde sehr gefördert durch meinen Vater. Der hat mir und meinen Brüdern auch früh selbst ersten Unterricht gegeben und dann haben wir das später im Verein intensiviert.

Viele verbinden mit Segeln das „Dickschiff-Segeln”, mit einem Bierchen für jedes Manöver und dann abends noch gemütlich im Hafen ausgehen. Kann man machen, aber das war nie mein Ding. Möglichst schnelle und anspruchsvolle Jollen und echte Rennjachten machen mir viel mehr Spaß. Das geht dann auch bis zur totalen körperlichen Erschöpfung, die Grundfitness muss entsprechend stimmen. Faszinierend finde ich auch immer noch die Anzahl der Variablen, die man ständig erfassen, beurteilen und darauf reagieren muss: Wind, Strömung, Zielkurs, die anderen Boote, Wettfahrtsregeln und dann natürlich der Boots- und Segeltrimm für den Speed. Wenn man mit mehreren Leuten auf dem Boot ist, ist auch der Faktor Team wesentlich – also viele Möglichkeiten, es richtig zu versauen. Und es ist wirklich immer anders.

Zum echten Leistungssegeln fehlte noch einiges, aber das war über viele Jahre schon recht intensiv. Übrigens war die Kombination zwischen 2×24 km Radfahren zum Segeln, dem (Kraft-)Training und der Zeit auf dem Boot super. Zu der Zeit war ich wirklich fit und ich glaube das hilft mir sportlich irgendwie immer noch.

Bist du in der aktuellen Corona-Phase aktiver als sonst oder ist bei dir ein hohes Pensum an Aktivität normal? 

Hegge: Nach wie vor arbeite ich mich noch zurück zu einer für mich altersgemäßen akzeptablen Form, das dauert viel länger als gedacht. Die Pandemie hat da bei mir merkwürdigerweise nicht geholfen: Meine Termine sind stärker über den Tag verteilt als früher, da habe ich das besser planen können. Quantitativ bin ich derzeit so halbwegs vergleichbar mit fast täglichem Training. Qualitativ definitiv nicht, das heißt meist zu kurz und zu wenig strukturiert.

Uli bei der Speedboot Challenge während der Kieler Woche 2015
Nah am Wasser gebaut: Uli bei der Speedboot Challenge während der Kieler Woche 2015

Was sind deine sportlichen Ziele für das anstehende Jahr?

Hegge: Ach, ganz simpel: Regelmäßige Läufe über 10 bis 15 km mit guter Pace (hoffentlich konstant um die 5:00 Minuten pro Kilometer) und zwei bis drei Radrennen gegen Spätsommer wären nett. Mal sehen was geht. Vielleicht auch wieder mehr Segeln, aber damit ist immer viel Zeit und Planung verbunden.

Was unternimmst du, abgesehen von sportlicher Betätigung, wenn du dir etwas gönnen möchtest?

Hegge: Fotografieren, Musik machen, gutes Essen kochen oder essen gehen. Nichts Besonderes, aber das sorgt schon für eine gute Balance zum Job – und zum Sport.

Welches sind deine drei Hamburger Lieblingsrestaurants und warum?

Hegge: Da nehme ich mal unsere Standard-Familienfavoriten, auch wenn wir noch einige andere Lieblinge haben.

Nikkei Nine: Jedes Mal ist der Service super und das Essen großartig. Wir haben noch nie nach Karte bestellt, sondern nur Vorlieben und Allergien genannt – und sehr viel Spaß mit neuen Gerichten und guten Weinen gehabt.

Restaurant Brücke: Absoluter Klassiker, nahe an unserer Hamburger Wohnung. Sehr solide Küche mit Klassikern und ein seit Jahrzehnten nettes Team, die alle Vorlieben kennen. Wenn wir in Hamburg (und nicht an der See) sind, holen wir uns aktuell 1-2 mal in der Woche dort etwas.

GO by Steffen Henssler: Den Lieferservice haben wir in Vor-Coronazeiten nie genutzt, nun jedes Mal, wenn wir Lust auf Sushi/Sashimi haben. Ziemlich fancy alles, aber wir haben absolut nichts gegen sehr gutes „Freestyle-Sushi”.

Für meinen Ostsee-Urlaub in Ostholsein letztes Jahr hattest du einige gute Gastro-Tipps für mich parat – unter anderem auch eine super Empfehlung zu einem lokalen Weinladen mit guten Rotweinen aus Italien. Welche Weine trinkst du am liebsten?

Hegge: Ganz klar auch Rotweine aus Italien. Mit wenig Tanninen, also bloß kein Barrique-Monster, bei dem ich nur noch versuchen kann zu erraten, woher die Eiche kam.

Unser Haus-Rotwein ist seit langem der Neropasso Biscardo aus dem Veneto. Entspannter Preis und passt zu vielen Gelegenheiten. Wenn genug Gäste da sind (irgendwann wieder) gerne auch als Magnum oder Jeroboam, schmeckt noch besser.

Richtig „große“ Weine kaufe ich sehr selten und da auch immer nur auf Anregung von Freunden hin.

Diese Interviews könnten Euch auch interessieren: